Die Gärten von Schloss Versailles sind weltbekannt. Tausende von Touristen spazieren täglich über die auslandende Kieswege und Treppenanlagen, vorbei an üppigen Fontänen, geometrischen Beeten und langen Baumalleen. Nur wenige finden den Weg zum königlichen Küchengarten. Der «Potager du roi» wird von den Besucherströmen links liegen gelassen und ist ein Geheimtipp für alle, die sich ungestört hohe Gartenkunst anschauen möchten. Während unseren Sommerferien haben wir es gerade umgekehrt gemacht: Auf der Fahrt nach England haben wir die Gärten von Versailles links liegen gelassen und dafür königliches Gemüse bewundert.

Der Obst- und Gemüsegarten diente der Versorgung des Hofs und beherbergt bis heute viele historische Obst- und Gemüsesorten. Was einst dem König und seiner Hofstatt vorbehalten war, ist heute der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Ein Teil der Ernte steht jeweils vor Ort zum Verkauf. Die Dimensionen des Gartens sind beeindruckend. Man trifft auf sorgfältig angelegte Beete mit Salat, Zucchetti, Kohl und Kürbis soweit das Auge reicht. Eine Besonderheit sind die uralten, kunstvoll gezogenen Obstspaliere. Dieses gärtnerische Handwerk fand von hier aus den Weg in alle Welt, insbesondere auch nach England. Der Nutzgarten entstand zwischen 1678 und 1683 im Auftrag von Louis XIV. Auch wenn der Fokus primär auf der Produktion von Nahrungsmitteln lag, wurde bei der Gestaltung der Anlage keine Mühe gescheut. In Anlehnung an die zeitgenössischen Renaissance-Ziergärten sind die Beete und Wege geometrisch angelegt.

Aufzeichnungen zeigen, dass der Garten auch Experimentierfeld für neue Ideen wie ein beheiztes Gewächshaus oder schräg verlaufende, nach der Sonne ausgerichtete Beete war. Heute ist der historische Gemüsegarten Teil der französischen Hochschule für Garten- und Landschaftsbau. Diese trägt dazu bei, dass der Geist des Gartens erhalten, das Wissen um die historischen Nutzgärten erforscht und weitergetragen wird.