Emotionen und Erinnerungen sind eng mit bestimmten Düften verknüpft. Der süssliche Parfümgeruch des Flieders, der zarte Hauch einer Rose oder der erfrischende Lavendel: Was sich oft schwer in Worte fassen lässt, löst bestimmte, ganz individuell geprägte Gefühle und Gedankengänge aus. Kein Wunder, dass die wohltuende Kraft der Pflanzen auch vermehrt Eingang in den therapeutischen Alltag findet. Zunehmend sind Reha-Kliniken sowie Alters- und Pflegezentren von vielfältig bepflanzten Gärten umgeben. Schattenspendende Bäume, versteckte Nischen mit Sitzbänken, wohlriechende Pflanzen und zwitschernde Vögel wirken sich positiv aufs Gemüt aus, der Aufenthalt unter freiem Himmel führt zu Ausgeglichenheit und Zufriedenheit.
Im Garten der Erinnerung
16. April 2015
In den vergangenen Jahren ist mit dem Demenzgarten ein ganz neuer Gartentyp entstanden, der noch viel Entwicklungspotenzial hat. Es ist anzunehmen, dass er in Zukunft noch an Bedeutung gewinnt. Gemäss Studien werden im Jahr 2030 in der Schweiz schätzungsweise 200`000 Menschen an Demenz erkrankt sein. Mit der laufenden Optimierung der Pflegeeinrichtungen geht auch die bewusstere Gestaltung und Einbindung des Aussenraums einher, um den speziellen Bedürfnissen der Demenzkranken zu entsprechen.
Zentrales Element ist eine überlegte Wegführung, die einen auch mit eingeschränktem Orientierungssinn automatisch wieder zum Ausgangspukt zurückführt. Erhöhte Pflanzbeete mit duftenden Kräutern lassen Geschmackserlebnisse ohne Bücken zu, während Pflanzen mit aussergewöhnlichen Blatttexturen oder kugeligen Blütenständen haptische Erlebnisse ermöglichen. Die Umgebung darf nicht bis aufs Letzte durchdesignt sein, sondern soll primär die Sinne ansprechen und Geborgenheit auslösen. Wer Lust hat, soll auch hier und da eine Blüte auszupfen können, ohne dass das Pflanzkonzept darunter leidet.
Pflanzen aktivieren bei Demenzpatienten häufig Erinnerungen an frühere Zeiten. Es macht darum Sinn, auf altbekannte Gattungen wie Hortensien, Pfingstrosen oder Lavendel zu setzen, die den meisten Leuten ein Begriff sind. Viele hatten einst einen eigenen Garten, können sich gut an bestimmte Blumen oder oft ausgeführte Arbeiten erinnern. Es macht Sinn, die Menschen, sofern möglich und gewünscht, in einfache Arbeiten einzubinden, etwa das Ausputzen von Geranien oder das Wässern der Sonnenblumen. Denn das Ausführen einer sinnstiftenden Aufgabe ist entscheidend für die innere Zufriedenheit eines Menschen.
Ein Garten mit Atmosphäre kann die Lebensqualität von Demenzpatienten in meinen Augen massgeblich erhöhen. Ich wage sogar zu behaupten, dass selbst Patienten, die eigentlich ausgemachte Gartenmuffel sind, sich in einer natürlichen Umgebung an der frischen Luft wohl fühlen und sich dies auf ihr Allgemeinbefinden positiv auswirkt.
Garuth Chalfont, Landschaftsarchitekt aus England und spezialisiert auf die Gestaltung von Demenzgärten, sagte anlässlich eines Referats an einem Gartentherapiekongress: «Menschen mit Demenz können die Natur nutzen, um zu kommunizieren». Schön, wenn wir als Gestalter dazu beitragen können, den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
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