Luzein

Verstreut über das Dorf Luzein steht eine Handvoll gut erhaltener, historischer Aristokratenhäuser, die dem prättigauer Ort seinen ureigenen Charakter verleihen. Ihre Geschichte geht zurück bis ins 17. Jahrhundert. Eines davon ist das stattliche und stilvoll renovierte Steinhaus, vor dem ich gerade stehe und beeindruckt an der Fassade emporschaue. 1655/58 für Johann Sprecher von Bernegg erbaut, ist es ein faszinierender Zeitzeuge einer lange vergangenen Epoche.

Den Hang vor dem Haus terrassieren Trockenmauern. Während die oberste Abstützung soeben frisch saniert wurde, weisen die unteren Etagen Zeichen der Verwitterung auf. Auf der darunterliegenden Wiese lassen die Obstbäume ihre farbigen Blätter allmählich zu Boden fallen. «Ein magischer Ort» denke ich und wende mich der obersten Terrasse zu. Architekten hatten uns angefragt, eine Offerte für einen Sitzplatz aus Betonverbundsteinen zu erstellen.

Wir liessen den Gartenraum auf uns wirken und kamen zum Schluss, dass wir es nicht mit uns vereinbaren konnten, hier einen Belag aus gewöhnlichen Betonsteinen zu offerieren. Die historische Substanz verlangte einen sensibleren Umgang mit der Situation. Natürlich sollen solche über die Jahrhunderte gewachsenen Orte sich entsprechend den veränderten Bedürfnissen der heutigen Zeit verändern und weiterentwickeln dürfen. Dies muss jedoch sehr behutsam und mit Respekt vor dem Vergangenen geschehen.

Zurück in Chur suchten wir das Gespräch mit den Architekten und legte ihnen dar, dass der Garten, genauso wie das historische Herrschaftshaus, ein wertvoller Teil der Prättigauer Kulturgeschichte ist. Sie zeigten sich offen für unsere Ideen und vermittelten den direkten Kontakt zur Bauherrschaft.

Schnell war im Gespräch der gemeinsame Nenner gefunden. Statt dem vorgesehenen Betonverbundsteinplatz entstand ein barock inspirierter Ziergarten mit Rundkiesbelag und einer Intarsie aus «Katzenkopfpflaster», bestehend aus nebeneinandergelegten Flusssteinen. Buchseingefasste Blumenbeete Rahmen den Sitzplatz ein, zwei Birnbäume mit schirmförmig gezogener Krone spenden lichten Schatten.

Die Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, als Gartengestalter die Werte und das Wesen eines Ortes zu erkennen und zu interpretieren. Wir stehen in der Verantwortung, das Gartenerbe unserer Region sanft weiterzuentwickeln, damit es auch in Zukunft Bestand hat. Dabei gilt es, sich treu zu bleiben und seine Ideale zu wahren.

Das Gartenprojekt in Luzein war mit dem Anlegen des Ziergartens übrigens nicht zu Ende. Inzwischen wurden sämtliche Natursteinmauern saniert, zuunterst entstanden eine Bocciabahn sowie eine Obstwiese. In der mittleren Etage folgte ein Gemüsegarten, so dass der Hang heute wieder als stimmiges Gartenensemble gelesen wird.

 

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