Still und leise sind sie in den vergangenen Jahrzehnten über die grüne Grenze eingewandert oder haben sich unbemerkt aus den Gartenbeeten gestohlen und in der freien Natur Fuss gefasst. Die Rede ist von den sogenannten „Neophyten“, eine Bezeichnung für Pflanzen, die bei uns ursprünglich nicht heimisch waren. Das Wort „Neophyt“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „neue“ Pflanze. Als „neu“ gilt dabei alles, was nach der Entdeckung Amerikas 1492 zu uns gelangte. Ab diesem Zeitpunkt nahmen der Welthandel und somit auch der Austausch von Pflanzen laufend zu. Die Wahl dieser Zeitschwelle lässt sich allerdings hinterfragen, wuchsen doch bereits im Mittelalter in den Klostergärten eine ganze Reihe gebietsfremder Pflanzen wie die Kornelkirsche (Cornus mas), die heute als einheimisch gilt.  Meiner Meinung nach wird in den Gärten der Frage nach einheimischen oder nicht einheimischen Arten oftmals eine zu hohe Bedeutung beigemessen. Klar geht es darum, mit einer Pflanzung auch ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Dennoch: Unsere reiche Gartenkultur würde ohne eingeführte Pflanzen in der heutigen Form gar nicht existieren. Wollten wir nur noch Einheimisches pflanzen, müssten wir auf sehr viele Pflanzenschätze verzichten.

Zugegeben: Während einige der „Neulinge“ sich problemlos in den Gärten zu integrieren vermochten und längst Teil unserer Gartentradition geworden sind, verursachen andere Probleme, indem sie auswildern und mit ihrem starken Ausbreitungsdrang die einheimische Flora verdrängen. Diese Arten gelten als „invasive“ Neophyten. Ein Begriff, der einen glauben macht, im Pflanzenreich herrsche ein regelrechter Krieg. Längst hat sich auch der Bund der Thematik angenommen und bläst mit einer „Freisetzungsverordnung“ zur Verteidigung an der grünen Grenze auf.

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Die Kanadische Goldrute, der Klassiker unter den Neophyten (Bild Silke Bogorinski, pixelio.de)

Zu den geächteten Pflanzen zählen etwa die Kanadische Goldrute oder der Japanische Knöterich, aber auch Gehölze wie Sommerflieder und Kirschlorbeer. Als Gartenfreund tut man gut daran, diese Arten zu kennen und aus seinem Aussenraum zu verbannen (www.neophyten-schweiz.ch). Alternativen zu den aufgelisteten Problemkräutern gibt es zur Genüge. Mit etwas Kreativität gelingt es, attraktive  Ersatzpflanzen zu finden.  Der allseits bekannte und oft gesehene Kirschlorbeer etwa lässt sich ideal mit einer verwandten Art, dem Portugiesischen Kirschlorbeer austauschen. Die Neophyten-Thematik hat also insofern etwas Gutes, lässt sie uns doch gewisse Pflanzenverwendungen hinterfragen und neue Wege gehen.

Die Sortimente der Baumschulen entwickeln sich diesbezüglich laufend weiter, und so können etwa Liebhaber des Sommerflieders aufatmen: Aktuell sind neue Sorten im Handel, die sich bedenkenlos setzen lassen, da sie brav an Ort bleiben und sich nicht unkontrolliert ausbreiten. So bleibt gespannt abzuwarten, ob wir die Einwanderung neuer Pflanzen in den Griff kriegen und dabei eine gesunde Balance finden… Augenmass ist nötig, damit nicht harmlose und wertvolle Gartenpflanzen zu Unrecht verteufelt werden. Immerhin ist es nur eine von 1000 gebietsfremden Arten, die Probleme verursacht.

 

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