Während ein Baum in der Landschaft seine natürliche Wuchsform voll entfalten kann, sind ihm im urbanen Raum gewisse Grenzen gesetzt. Der Platz ist beschränkt, und ein dürrer Ast wird schnell zum Sicherheitsrisiko. Ein Fall für den Baumpfleger, der an Seilen gesichert behende bis in die Krone hinaufklettert und mit Säge und Baumschere lenkend auslichtet. Schaut man nicht ganz genau hin, nimmt man kaum wahr, dass er am Werk war.

Dies im Gegensatz zu zahlreichen Beispielen im Aussenraum von Siedlungen oder öffentlichen Bauten. Nicht selten sind die Schnittmassnahmen dort so offensichtlich unsensibel und radikal ausgeführt, dass von der individuellen Charakteristik eines Baumes nicht mehr viel übrigbleibt. Dabei sind Bäume und der Umgang mit ihnen ein wichtiger Teil der Gartenkultur und auch Ausdruck unserer Beziehung zur Natur. Wir Gartenfreunde sollten uns vermehrt dafür stark machen, dass mehr Sorgfalt ins Spiel kommt. Mir gefällt der Begriff der «Baumpflege» besonders gut, denn wir sollten unsere Bäume vielmehr «pflegen» statt «zurückschneiden». Woher der verbreitete Trieb, Bäume und Sträucher so stark in die Schranken zu weisen herrührt, kann ich nicht beurteilen. Ist es eine Art Machtdemonstration, oder ganz einfach ein Mangel an Fachkompetenz?

Einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der Situation leistet Baumpflegespezialist Martin Müller mit einem neuen Flyer. Anhand einer abgebildeten Birke zeigt er anschaulich, wie ein fachgerechter Baumschnitt aussieht und lotet aus, wo die Grenze zwischen «so viel wie nötig» und «so wenig wie möglich» liegt.

01_vorher  02_nachher

Vorher – Nachher. Diese Platane hätte im aktuellen Stadium überhaupt keinen Schnitt benötigt und hat nun viel von ihrer natürlichen Wuchsform eingebüsst.

 

03_Baumbank

Etwas nachdenklich stimmt mich diese «Baumbank». Sie setzt zwei grossen Bäumen, die wohl aufgrund ihres Schattenwurfs komplett weichen mussten, eine Art Denkmal. Allerdings habe ich auch im Sommer noch nie jemanden darauf rasten sehen. Wen wundert`s, ist doch mit dem radikalsten aller Rückschnitte auch die geborgene Atmosphäre verlorengegangen!

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