Wir stehen unter dem Tamboril-Baum mit dem zungenbrecherischen botanischen Namen Enterolobium contortisiliquum und halten ehrfürchtig Inne. Die riesige Baumgestalt reckt ihre weit verzweigten, dicken Äste hoch in den Himmel hinauf. Der Tamboril steht in der Parkanlage Inhotim in Brasilien und sei, so verrät uns Gartendirektor Pedro Nehring bei unserem Besuch, für den Gründer und Besitzer des Parks, den brasilianischen Milliardär Bernardo Paz, in den 1980ern ausschlaggebendes Motiv gewesen für den Landkauf. Über Jahre schuf Paz auf dem einst landwirtschaftlich genutzten Gelände ein zeitgenössisches Kunst- und Parkprojekt, das seinesgleichen sucht. Zum «Centro de Arte Contemporanea Inhotim» gehöhren 110 Hektaren öffentlich zugängliche Parkfläche, in welche 20 Galerien zeitgenössischer Künstler eingebettet sind. Durch eine tropische Vegetation mit blühenden Ingwergewächsen und Zierbananen folgen wir verschlungenen Wegen und entdecken immer neue Blickwinkel und verborgene Kunstwerke. Nicht weniger als 1807 verschiedene Palmen-, 637 Aronstab-, 420 Orchideen- und 129 Bromeliengewächse zählen zur beeindruckenden Pflanzenvielfalt im Park.

Bei der Gestaltung der Gartenanlage liess sich Paz vom befreundeten brasilianischen Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx beraten. Seine Handschrift ist im älteren Parkteil bis heute gut ablesbar. Die Bepflanzung erfolgte nach den Gestaltungsprinzipien von Wiederholung und Kontrast, die Wegführung ist äussert subtil und spannungsvoll.

Die Parkanlage hat den Anspruch, Modell des Botanischen Gartens im 21. Jahrhundert zu werden. Sie ist auf dem besten Wege dazu, ist die umfassende Pflanzensammlung doch bereits international anerkannt. Bernardo Paz sagte einmal: «Inhotim ist eine neue Form von Leben, in dem es nichts Böses gibt, denn es wird von der Schönheit besiegt.» Angesichts des beeindruckenden Blicks hinauf in die Baumkrone des Tamborils mögen wir es ihm widerspruchslos glauben.

Inhotim

Kunstpavillon

Das «Centro de Arte Contemporanea Inhotim» (www.inhotim.org.br) liegt in Brumadinho, rund 600km nordöstlich von Săo Paulo. Wer in der Gegend weilt und sich den Park anschauen will, reserviere sich mindestens zwei Tage dafür…

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