Staunend stand ich letzte Woche in einem Garten, der seit über vierzig Jahren besteht und eine Welt für sich ist. Sein Besitzer, ein Gärtnermeister im Ruhestand, hat über viele Jahre spezielle Gehölze aus der ganzen Welt zusammengetragen und gekonnt zu einem Gesamtbild kombiniert.
Offene Gartentüre
18. Mai 2015
Statt den Garten rundherum mit Sichtschutzwänden einzupacken, hat er einen kleinen Erdwall angelegt, der mit buntlaubigen und blühenden Sträuchern von Lavendelheide bis Zierkirsche bepflanzt ist. Beim gemeinsamen Spaziergang über geschwungene Granitplattenwege weiss der passionierte Gärtner zu jeder Pflanze eine Geschichte zu erzählen. Und das sind viele. Er ist ein Mensch, der bereits in jungen Jahren weit über den Gartenzaun geblickt hat. Seine Meisterprüfung hat er in Deutschland abgelegt, später in Schweden gearbeitet und in der Schweiz bis zu seiner Pension einen eigenen Gartenbaubetrieb mit Baumschule geführt. Auf Reisen durch Japan und andere Länder hat er stets Neues entdeckt und weltweite Kontakte geknüpft. Er ist überzeugt, dass er seinen Umgang mit den Pflanzen und die Kenntnisse von speziellen Sorten und Arten seinen Reisen zu verdanken hat. Geplant hat er seinen Garten nicht auf dem Papier. Es war und ist ein Entstehungsprozess vor Ort. Resultat ist ein Mikrokosmos mit Hunderten verschiedener Pflanzen, eine Art Ökosystem im Kleinen. Dazu gehören mehr als 60 verschiedene Rhododendren und Azaleen, 8 Pieris-Sorten, 16 verschiedene Kornus, 6 Zaubernuss-Sorten, eine gelblaubige Gleditsie, ein Mammutbaum sowie Raritäten wie die Prachtglocke (Enkianthus campanulatus).
Es hat mich beeindruckt und tief berührt, einen Garten zu sehen, der mit so viel Leidenschaft und Liebe gehegt und gepflegt wird. Sein Besitzer teilt sein Wissen bereitwillig und wünscht sich, dass der Pflanzenvielfalt in den Gärten mehr Bedeutung zukommt. In seinem Garten blüht es unentwegt. Im Winter sind es die Cyclamen, gefolgt von Zaubernuss, Cornus und Rhododendron. Nebst der Blüte ist die aussergewöhnliche Herbstfärbung ein wichtiges Kriterium bei der Pflanzenwahl.
Ein solcher Ort, der über viele Jahre gewachsen ist und zahlreiche alte, wertvolle Gehölze beherbergt, ist unbezahlbar und bedeutender Teil unserer Gartenkultur. Es ist schön, wenn jemand die Freude an den Pflanzen teilt und sein Wissen weitergibt.
Gelegenheit für das erkunden verschiedener Gartenwelten bietet am 13. Juni 2015 der nationale Tag der «Offenen Gärten» (bitte verlinken mit www.offenergarten.ch). Der Anlass, organisiert durch die fünf Gartenbauvereine der Schweiz, ermöglicht Einblicke in eine Fülle von Privatgärten.
Unser Gartenkulturblog ist auch auf dem Newsportal für die Region Südostschweiz präsent.