Auf unserer Sommerreise nach England machten wir Halt in Stoke-on-Trent. Wir hatten viel gehört von den unweit des Städtchen liegenden «Trentham Gardens». Die ursprünglich historische Gartenanlage, im 16. Jahrhundert als formaler italienischer Garten konzipiert, hat sich über die Jahrhunderte immer wieder von Grund auf verändert.
Shopping und Gartenkultur
27. August 2015
Nach langer Zeit der Verwahrlosung hat sie sich vor zehn Jahren in neuem Glanz entfaltet wie der Phönix aus der Asche. Tom Stuart-Smith und Piet Oudolf, die momentan zu den angesagtesten Landschaftarchitekten zählen, haben für den Garten ausgedehnte Staudenpflanzungen entworfen.
Sie bepflanzten die sorgfältig restaurierten und rekonstruierten Buchsparterres mit über 70`000 Blütenstauden und Gräsern sowie Zehntausenden von Blumenzwiebeln. Bei unserem Besuch waren es nebst den rhytmisierenden Säulen-Eiben vor allem die üppigen Grashorste von Stipa gigantea, die den Rhythmus der goldig schimmernden Bepflanzung bestimmten. Die moderne Neuinterpretation der einst streng symmetrischen Pflanzung ist vortrefflich gelungen, spannend und absolut einzigartig! Oudolf selbst soll seine Beete als «mein Meisterstück» bezeichnet haben. Jetzt im Herbst befinden sich seine Rabatten auf dem Höhepunkt.
Vergeblich sucht man auf dem Gelände ein historisches Gebäude, wie es in der Regel bei den traditionellen englischen Gartenanlagen zu finden ist. Das einst vorhandene Herrenhaus war 1912 zerstört und nicht mehr aufgebaut worden. Stattdessen trifft der Besucher auf Ungewöhnliches, nämlich ein in die Gartenlandschaft integriertes Shopping- und Gartencenter. Dass der Garten heute wieder in voller Pracht blüht, ist der Eigentümerin des Grundstücks, einer vorausschauenden Immobilien-Firma, zu verdanken. Sie übernahm das Anwesen 1995, erstellte einen Masterplan für die weitere Entwicklung des Orts und zog Tom Stuart-Smith sowie Piet Oudolf für die Restaurierung und Bepflanzung der Gartenanlage bei.
Die Kombination von Shopping und Garten mag auf den ersten Blick unpassend erscheinen. Bei genauerem Hinsehen scheint aber das eine das andere nicht zu stören, im Gegenteil. Jährlich sind im Shopping-Bereich 3 Millionen Leute anzutreffen – eine Vielzahl lässt sich auch im Garten inspirieren. Was gibt es Besseres als einen solchen Ort, um das Thema Gartenkultur lebendig und volksnah zu vermitteln und die Freude am Gärtnern zu wecken?
Das Setting ermöglichte den Gestaltern auf jeden Fall sehr viele Freiräume, Neues zu wagen. Es soll auch schon Ideen geben, den Garten ins umgebende Weideland hinaus mit zusätzlichen Projekten zu erweitern.
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