Lianen gibt es nicht nur im Dschungel, sondern auch in unseren Gärten. Der exotisch anmutende Begriff der Liane steht nicht für eine bestimmte Pflanzenart, sondern ist ein allgemeiner Begriff für eine kletternde Wuchsform. Eine ganz besondere Liane ist die Clematis, die in der Gartengeschichte schon früh Erwähnung findet.
Rankende Schönheiten
20. Juni 2020
Im Wald ist Licht ein begehrtes Gut. Mit verschiedenen Strategien versucht jede Pflanze, ein Maximum davon zu ergattern. Besonders kreativ zeigen sich dabei die Lianen. Statt selbsttragende Stämme zu bilden, nutzen sie die Bäume, um an ihnen hochzuklettern. Mit Eleganz ranken sie sich bis in die oberste Etage der Baumkronen, ins «Penthouse» des Waldes sozusagen. Manche von ihnen vermögen dabei ganze Bäume einzuhüllen, in der Regel, ohne diese zu beschädigen. Hört man den Begriff «Liane», ist man geneigt, an die Tropen zu denken. Und natürlich an Tarzan, wie er sich elegant von Liane zu Liane schwingt. Interessant zu wissen, dass der Begriff Liane für keine spezifische Pflanzenart steht, sondern vielmehr Synonym ist für die kletternde Wuchsform. Weltweit gibt es Lianen in über 130 verschiedenen Pflanzenfamilien, von der Passionsblume über den Hopfen und die Weinrebe bis hin zur Klematis. Tatsächlich sind über 90% der lianenartig wachsenden Pflanzen in den Tropen beheimatet. Doch auch in unseren Wäldern gibt es sie, wenn sie auch zugegebenermassen etwas weniger spektakulär sind als viele ihrer tropischen Pendants. Eine von ihnen ist die Gemeine oder Gewöhnliche Waldrebe, botanisch Clematis vitalba, umgangssprachlich mancherorts auch als Liane bezeichnet. Es ist eine feingliedrige Pflanze, die bis zu 10 Meter in die Höhe wächst. Manche mögen sie auch unter dem Begriff «Niele» kennen und allenfalls einst im Geheimen den einen oder anderen Stängel davon geraucht haben. Wie auch immer: Geschmeckt hat’s wohl niemandem so richtig, aber abenteuerlich, weil verboten, war es allemal.
Clematis als Teil der Gartengeschichte
Doch aus dem Wald in die Gärten: Die Gemeine Waldrebe hat in den Gärten glamouröse Verwandte. Gezüchtete Klematis in verschiedenen Arten und Sorten spielen in den Gärten Europas seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle. Die meisten von ihnen sind aus verschiedenen chinesischen und japanischen Arten entstanden. Dutzende, nein hunderte verschiedener Sorten in breiter Farbpalette von mauve über bordeaux bis hin zu rosa oder von samtenem Violett verführen heute den Gartenfreund. Sie bereichern den Vorsommer mit ihren Blüten von einfach bis gefüllt, von klein bis gross.
Charmantes Duett
Gerne kombinieren Gartengestalter die Klematis mit verschiedenen Kletterrosen. Tatsächlich machen ihre vergleichbaren Standortansprüche von Halbschatten bis Sonne sie zu idealen Partnern. Schickt man beide an einer Laube oder in einen alten Apfelbaum hoch, vermählen sie sich in charmanter Blütenpracht. Wer Lianen sein Eigen nennen will, sollte der Clematis unbedingt ein Plätzchen in seinem Garten zugestehen. Es dauert eine Weile, bis sie sich am neuen Standort etabliert, doch das Warten lohnt sich garantiert!
5 Clematis für den Garten
Clematis ‘Huldine’: Weiss mit einem sehr schönen Glanz auf den inneren Blütenblättern, passt gut zu Rosen. Blütezeit: Juli bis September. Höhe: 3 bis 5m.
Clematis flammula (Mandel-Waldrebe): Kleine, weisse Blüten in Rispen, wunderbarer Duft nach Bittermandel. Blütezeit: Sommer bis Frühherbst. Höhe: bis zu 4m
Clematis armandii ‘Apple Blossom`: Weiss-Rosa, für geschützte Lagen. Immergrün und nach Vanille duftend. Blütezeit: März bis Mai. Höhe: 4 bis 6m
Clematis montana ‘Marjorie’: Anfangs grünlich, später lachrosa mit dunkleren Streifen, halb gefüllt. Blütezeit: Mai bis Juni. Höhe bis 10 m.
Clematis-Hybriden-Gruppe ‘Allanah’: Samtig rubinrot. Blütezeit: Mai bis Juni und September bis November. Höhe: 2 bis 4m
Eine Auswahl von Maja Tobler, Landschaftsarchitektin und Inhaberin des Gartenatelier Domat/Ems
Bildquelle: pixabay.com
Der Text von Olivier Zuber ist in der Zeitschrift Terra Grischuna erschienen.